Wissenswertes:

Geldwechsel

Ausländische Touristen müssen bar bezahlen. Das Land ist wegen der US-Sanktionen nicht ans internationale Bankensystem angeschlossen. Kreditkarten oder Reiseschecks werden deshalb nicht akzeptiert. Bargeld lässt sich in Banken oder lizenzierten Wechselstuben tauschen. Letztere sind empfehlenswerter, da der Tageskurs der Banken meist ungünstiger ist. Am besten auch kleinere Noten im Wert von 1.000 oder 2.000 Rial einplanen. Sonst kann es passieren, dass der Reisende eine Flasche Mineralwasser (ca. 5.000 Rial) mit einem 100.000-Rial-Schein bezahlen muss.

Die Währung und das Umrechnen

Die offizielle Währung ist „Rial“. Doch meist wird in (der inoffiziellen Währungseinheit) „Tuman“ abgerechnet. 10 Rial entsprechen 1 Tuman. Ist also beispielsweise ein Kaftan mit 20.000 Tuman ausgezeichnet, entspricht das ca. 15 Euro – bei einem Nennwert von 200.000 Rial. Wer unsicher ist, fragt besser nach, ob sich die Preisangaben auf Rial oder Tuman beziehen.

Reisepass, Visum und Reisekrankenversicherung

Für die Einreise ist ein Reisepass notwendig. Hinweis: Wer einen israelischen Reisestempel darin hat, dem wird die Einreise verweigert. Absolut notwendig ist ein Visum, das sich bei einer iranischen Auslandsvertretung beantragen lässt. Unbedingt eine abgeschlossene Krankenversicherung für die Dauer des Aufenthalts abschließen und eine Bestätigung vorhalten –  möglichst in englischer Sprache und mit Stempel beziehungsweise offizieller Adresse des jeweiligen Krankenversicherers. Wer den Nachweis nicht vorzeigen kann, muss eine Versicherung vor Ort abschließen.

Kulinarische Abenteuer und Bergsafari

Bummel in Babol

In der Nähe des Einkaufsviertels steigen wir aus dem Taxi. Es ist Hauptverkehrszeit in Babol. Die Autos brausen sehr nah an uns vorbei. Wir drücken uns eng an einen Zaun am Straßenrand. Ein paar Meter weiter, hat sich eine Menschenmenge gebildet. Sie beobachtet einen Python-Bändiger. Aus seinem Kassettenrecorder schallt orientalische Musik. Aber die Schlange um seinen Hals bewegt sich kaum. Wir reißen uns los und gehen weiter Richtung Ampel. Als es grün wird, springen wir zu siebt auf die mehrspurige Straße und schlängeln uns so schnell wie möglich durchs Blechgetümmel auf die andere Seite.

Aus einer Bäckerei duftet es nach frisch gebackenem Fladenbrot. Geduldig warten die Menschen in der Schlange, bis sie an die Reihe kommen. Gemischtwarenhandlungen bieten Trockenfrüchte und Batterien an. Dazwischen Klamotten- und Handy-Läden, Gemüsestände und Zuckerbäckereien. Ein Bauwagen steht inmitten der nächsten Kreuzung. Städtische Bedienstete spannen Lichtgirlanden, um das Straßenbild zu verschönern. Während wir auf die Grünphase warten, lächelt die schwarz verschleierte Betreiberin eines Kiosks Kinder an und schenkt ihnen Bonbons und Kaugummis.

Wir fragen die Dame nach einem Imbiss, der die berühmte Schafsuppe „Kalepatsche“ anbietet. Sie meint, wir müssten umdrehen, die Straße bis zur nächsten Kreuzung hinunterlaufen und dann links abbiegen. Es ist 9 Uhr, und wir müssen uns ranhalten, denn die Spezialität wird nur morgens angeboten.

Augen, Hirn und Hammelfüße

Das Lokal entpuppt sich als eine Art Suppenküche. Der winzige Raum wird von einem riesigen Kessel beherrscht, in dem das berühmte persische Frühstück vor sich hin simmert. Der Suppenchef zeigt uns den Hammelkopf, den er sogleich zerlegt und auf den Tellern anrichtet. Unser Fotograf hat sich für Zunge und Bäckchen entschieden. René, mit 26 Jahren der jüngste unter den Erwachsenen, nimmt Zunge, Augen und Hirn. Sebastian und seine Frau nehmen Hirn und Füße. Beim Anblick der in der Suppe schwimmenden Augen, sagen unsere zwei zugendlichen Mitreisenden, dass sie so etwas nicht essen werden. Sie halten sich an trockenes Fladenbrot und Fanta. Und auch ich verzichte auf eine Kostprobe.

René probiert ein Auge. Dann verlässt ihn der Mut. Er lässt die Suppe stehen, macht stattdessen Fotos. Dagegen scheinen Bäckchen und Zunge zu munden. Der Teller wird zügig geleert. Und auch die anderen essen ihr „Frühstück“ auf. Wir bezahlen. Beim Abschied übergibt uns der Suppenchef voller Stolz seine Visitenkarte. Die Schriftzeichen können wir nicht lesen. Aber der darauf abgebildete Schafkopf  „spricht“ für sich.

Der nächste Punkt auf unserem Tagesplan ist der Besuch eines Reisebüros. Dort serviert uns der Chef persönlich gesüßten Tee mit Milch. Eine seiner Angestellten, eine junge Dame mit enganliegendem, langärmligem Oberteil neigt zur Begrüßung graziös ihren schwarz verhüllten Kopf. Sie bucht unseren Weiterflug nach Shiras und Unterkünfte für unterwegs. Der Ort im Süden des Irans ist Ausgangspunkt für unsere Etappen nach Persepolis und weiter Richtung Yazd und Isfahan. Wir hätten natürlich die Hotels auch in Deutschland buchen können, aber vor Ort erhalten wir dank der lokalen Sprachkünste einer unserer Begleiter den Tarif für Einheimische.

Tütenweise Bargeld

Während wir auf die Tickets warten, holt Sebastian mehrere Bündel Geldscheine aus einer Plastiktüte. Die Scheine hätten auf keinen Fall in unsere Geldbörsen gepasst. Die Inflation im Iran ist hoch. Und die Rechnungssumme geht in die Millionen (Rial). Ohnehin hätten wir sie nicht lesen können. Die geschwungenen persischen Zahlensymbole sind nicht komplett identisch mit den arabischen Ziffern, die wir Europäer benutzen.

Aber sie sind leicht zu lernen. Da die Buchungsbestätigung und das Drucken der Tickets noch in Zeit in Anspruch nehmen, spaziere ich auf den Vorplatz vor dem Reisebüro. Dort studiere ich die Nummernschilder der abgestellten Autos. Die Null ist ein Punkt, stelle ich fest. Die Eins und die Neun sind den arabischen Pendants sehr ähnlich. Zwei, Drei, Sieben und Acht kann man sich leicht merken. Bei Vier, Fünf und Sechs muss ich raten.

Ein älterer Herr schaut mir aus gebührender Entfernung zu. Er nähert sich bedächtig und blickt interessiert auf mein Notizbuch, in das ich die Zahlensymbole kritzele. „Welcome“, sagt er auf Englisch. Dann nimmt er die Hände zu Hilfe und fährt auf Farsi fort. Irgendwie verstehe ihn trotzdem. Er möchte wissen, woher ich komme. „Germany“, sage ich. „Allmanii“, sagt er und lächelt. Er freut sich, dass sich die ausländischen Gäste die Mühe machen, die persischen Ziffern zu lernen.

Babylon und die Süßspeisen

Zeit wieder hineinzugehen, denn wir müssen noch einen Minivan inklusive Fahrer für den morgigen Ausflug zu den Sinterterassen von Badab-e Surt buchen. Zur Verabschiedung verbeuge ich mich. Gerade die ältere Generation im Land ist eher konservativ, einer Frau die Hand zu geben, kommt für sie nicht in Frage. Jüngere Leute sind wesentlich entspannter. Das merken wir kurze Zeit später, als unsere Gruppe auf eigene Faust einen Bummel durch die Shopping-Meile von Babol macht.

Wir werden angeschaut. Mit interessiertem, gradlinigem Blick. Und wir werden angesprochen. Immer wieder umringen uns Frauen, Männer, Kinder. „Welcome“ ist das erste, was die Menschen sagen. Und auch wenn sie nicht so gut oder kein Englisch sprechen, verstehen wir, dass sie wissen möchten, woher wir kommen. Und dass sie wissen möchten, wie die Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb der Reisegruppe sind. Immer wieder fragen sie uns, wie uns ihr Land gefällt.

Wir marschieren in eine Konditorei. Unsere Reisegruppe macht große Augen. Hinter den Vitrinen stapeln sich mit Vanillecreme oder Nüssen gefüllte Törtchen, Gebäck aus Kichererbsenmehl und Pistazien oder Sirup-getränkte Leckereien aus Grießteig. Die Teenager aus unserer Reisegruppe schauen mit kugelrunden Augen auf die Auslagen. Alle reden durcheinander. Der Konditor, ein großer, schlanker Herr mit graumeliertem Oberlippenbart begrüßt uns auf Farsi. Jeder der deutschen Reisenden zeigen auf die Süßigkeit, die er oder sie gerne essen möchte. Der Mann schaut entsetzt und wirft die Hände in die Luft. „Weshalb denn nur einzelne Stücke?“, sagen seine Augen.

Unerwartete Unterstützung

Ja, warum eigentlich? „Nim (A.d.R. halbes) Kilo“, sage ich zu ihm und deute auf eine Spezialität in der Vitrine. Und dann bestelle ich noch einmal ein halbes Kilo von einer anderen Kreation des Hauses. Unser Zuckerbäcker strahlt. Bedächtig entfaltet er zwei Geschenkpackungen und legt die Süßigkeiten mit großer Sorgfalt hinein. Als es ums Bezahlen geht, verlassen mich meine spärlichen Sprachkenntnisse.

Ein junger Mann kommt herein. Als er uns sieht, fragt er sofort auf Englisch, ob er helfen kann. „Oh ja!“ Er übersetzt den zu zahlenden Betrag und weitere Sonderwünsche der Reisegruppe. Dann kommt ein zweiter junger Mann herein. Er übernimmt umgehend, als sein gleichaltriger Zeitgenosse sagt, er müsse leider zu einem Termin. Zum Abschied gibt er jedem von uns die Hand. Später erfahren wir, dass unsere Süßspeisen aus einer der ältesten und bekanntesten Konditoreien Babols stammen.

Auf der Suche nach heißen Quellen

Unser Fahrer lässt sich Zeit am nächsten Tag. Eigentlich wollten wir um 9 Uhr morgens starten. Als es losgeht, ist es 11 Uhr. Wir fahren die Hauptstraße von Babolsar entlang, weiter nach Sari und dann nach Süden Richtung Alborz-Gebirge. Der Himmel ist grau, es fängt an zu regnen. Hoffentlich kommt im Lauf des Tages die Sonne durch. Die meisten haben Turnschuhe und leichte Fleece-Jacken an; und einer nur ein dickes, aber kurzärmliges Leinenhemd. Mich beschleichen leise Zweifel, ob das die richtige Ausstattung für einen Ausflug in 1.800 Meter Höhe ist.

Der Fahrer entschuldigt sich für die Verspätung. Der dünne Mann mit dem hageren, sonnenverbrannten Gesicht und den müden Augen ist selbstständig. Er musste am frühen Morgen noch einen anderen Auftrag erledigen. Wir erfahren, dass es für Kleinunternehmer wie ihn ein harter Kampf ist, eine Familie mit mehreren Kindern zu ernähren. Er muss jeden Auftrag annehmen, den er bekommen kann. Dann sagt er noch, dies sei der schlimmste Tag seines Lebens. Wir schauen uns entsetzt an. Haben wir ihn mit einer unbedachten Geste beleidigt? Doch der Fahrer spricht kein Englisch, und findet es lediglich sehr schade, dass er sich nicht mit uns unterhalten kann.

Die Landschaft verändert sich je tiefer wir in die Alborz-Bergkette vordringen. Das über 5.000 Meter hohe Massiv trennt das trockene iranische Hochland vom subtropischen Küstenstreifen am Kaspischen Meer. Der Regen wird stärker, es wird kälter. An unseren Fenstern tauchen bewässerte Reisfelder auf. Wir fragen uns, wie die Bauern es aushalten, stundenlang mit nackten Füßen im eisigen Wasser zu stehen, um Reispflanzen auszusortieren.

Es geht in Serpentinen einen Pass hinauf. Graue, regenschwere Wolken verhüllen die Bergspitzen. An den Hängen neben uns wächst dichter Wald. Dank unserer Mobilfunkgeräte wissen wir, dass die Temperatur gesunken ist. Von über 20° auf 13 ° C. Fast alle haben inzwischen ihre Jacken an. Die Scheiben im Wageninneren beschlagen. Wir bitten unseren Fahrer, die Heizung aufzudrehen. Zu unserem Bedauern ist das nicht möglich. Unser Fuhrunternehmer hat sie ausgebaut, um die Motorleistung zu erhöhen.

Meteoritenhagel

Nun geht es hinunter in ein Tal. Wir passieren grün leuchtende Wiesen – und einen Jeep-Verleih. Es sind noch circa 15 Kilometer. Die Fahrbahn wird immer holpriger. Haben wir das das richtige Fahrzeug gewählt? Unser kleiner Bus stoppt. Die Straße vor uns ist durch einen heftigen Wolkenbruch überflutet. Der Fahrer ist die Ruhe selbst. Im Schneckentempo passiert er den betroffenen Abschnitt.

Wir haben uns zu früh gefreut. Denn an der nächsten Kurve gibt es keine Fahrbahn mehr. Die Straße sieht aus, als hätte sie ein Meteoritenhagel getroffen. Sie ist komplett zerfurcht und besteht aus tiefen Schlaglöchern. Unser Bus wankt bedenklich hin und her. Wir halten den Atem an. Der beschädigte Streckenabschnitt zieht sich.

Es waren höchstens 750 Meter, aber sie kamen uns ewig vor. Wir atmen wieder aus. Und weiter geht es auf einem Forstweg. Fünf Minuten später stoppt unser Fahrer auf einem improvisierten Parkplatz, vor dem ein paar heimische Bauern mit ihren Traktoren warten. Die letzten 100 Höhenmeter geht es entweder zu Fuß oder mit geländegängiger Motorisierung weiter. Die Mehrheit entscheidet sich für den Traktor, um den letzten Hügel zu bezwingen. Zwei von uns wählen den kürzeren Ziegenpfad – unter anderem ich.

Der Ziegenpfad ist zwar steil, aber dafür können wir jederzeit stehenbleiben und die Aussicht genießen. Die weiße Wolkenformation am gegenüberliegenden Hang sieht aus wie ein zu groß geratener Wattebausch. Am Hang an der Nordseite wachsen Kiefernbäume. Immer wieder sehen wir Frauenmantel und Disteln. Es duftet nach Majoran. Nach rund 20 Minuten Fußmarsch haben wir das letzte Hindernis erklommen. Trotz der kalten Witterung ist uns jetzt richtig warm. Und es hat kurzfristig aufgehört zu regnen.

Die Farbe rot

Wir laufen weiter und lauschen. Unsere Traktorfreunde sind noch nicht da. Linker Hand sehen wir einen Steinbruch. Naturmaterial, das für den Haus- und Straßenbau abgebaut wurde.

Die Wegbeschreibung der Einheimischen war etwas vage gewesen. Wir halten uns intuitiv rechts. Laufen auf Geröll weiter, traben um einen Hügel herum und erblicken weiter unten ein Plateau. Und dann sehen wir einen kleinen See. Sind das die Sinterterrassen…?

Wir steigen ein paar Meter ab, wandern am Rand des Sees entlang und gehen dann ein Stück hinunter bis zur Hangkante. Bis jetzt konnten wir das Naturschauspiel nicht richtig würdigen, an dem sich das Wasser zweier Mineralquellen vermischt. Rot, orange, ocker. Das sind die Farben der Quellen von Badab-e Surt. Beim Hinunterfließen kühlt das mineralhaltige Wasser ab. Das darin enthaltene Calcium fällt als Calciumcarbonat aus und bildet die berühmten Wasserbecken aus Kalk (die auch aus dem türkischen Pamukkale bekannt sind). Schwefel und Eisenoxid im Wasser verleihen der Kalkformation ihre charakteristische rötliche Farbe.

Es ist still hier oben. Nur das Quellwasser tropft stetig die Stufen des Jahrtausende alten Gesteins hinunter.