Es waren für Sie unterwegs:
Obertilliach, wo der Biathlonsport zuhause ist und James Bond eine Bruchlandung erlitt
Nach einer Durchquerung des elflängsten Tunnels Österreichs, dem Felbertauerntunnel, erreichen wir unser Zielgebiet Osttirol. Besser gesagt, wir sind an seinem nördlichsten Rand auf 1.632 Meter Höhe angelangt. Jetzt haben wir noch etwas mehr als ein Stunde Fahrt vor uns, um das Bergsteigerdorf Obertilliach in der Ferienregion Hochpustertal zu erreichen. Dieser beschauliche Ort liegt wiederum am südlichsten Zipfel Osttirols auf 1.450 Metern, zwischen den Lienzer Dolomiten und den Karnischen Alpen an der Grenze zu Italien. Das Dorf ist geprägt durch enge Gassen, einen denkmalgeschützten Ortskern mit Kirche und dunkelbraun verwitterten Hausfassaden von teilweise über 300 Jahre alten Bauernhäusern. Obertilliach gehört damit zu den schönsten Ortschaften im gesamten Alpenraum und ist frei von jeglichen Bausünden der jüngeren Vergangenheit. Dienstag- und Freitagabend dreht hier sogar noch der einzig verbliebene Nachtwächter Osttirols, Helmut Egartner, seine Runde und achtet „auf’s Foir und Liacht“.
„Auf rund 700 Einwohner kommen knapp 900 bis 1.000 Gästebetten mit knapp 120.000 Übernachtungen im Jahr“, erzählt uns stolz Mathias Scherer, der Bürgermeister von Obertilliach ist. Damit ist die Tourismusintensität in Obertilliach dreimal so hoch wie im Bezirksdurchschnitt.
Mathias Scherer, Bürgermeister Obertilliach: „Ein riesen Vorteil an Obertilliach ist, dass man sein Auto zu Beginn des Urlaubs abstellen kann und die ganz Woche über eigentlich nicht mehr benötigt. Jeder Lift und jedes Hotel ist fußgängig zu erreichen.“
In der kalten Jahreszeit sind der Ort und das umliegende Gebirge sehr schneesicher, bieten jedoch auch viele sonnige und klare Wintertage. Das macht Obertilliach zu einem wahren Outdoor-Spielplatz mit vielseitigen Sportmöglichkeiten für Aktivurlauber. Die in privater Hand geführten Obertilliacher Bergbahnen sind mit einer modernen Gondelbahn und vier Schleppliften ausgestattet. Sie transportieren die Gäste auf die 16 Kilometer lange Skipisten und zu einer sieben Kilometer langen Rodelbahn. Après-Ski-Partys sucht man hier jedoch vergebens. Stattdessen bietet das leicht zu befahrende Skigebiet Golzentipp blaue Pisten, eine kinderfreundliche Skischule und einen Skiverleih. Insbesondere Anfänger, Wiedereinsteiger und Familien sind in diesem Gebiet daher bestens aufgehoben. Aber auch romantische Fahrten mit dem Pferdeschlitten oder klassisches Eislaufen sind im winterlichen Obertilliach beziehungsweise in den angrenzenden Tälern möglich.
Ausschnitt aus dem Interview mit Mathias Scherer
Biathlonzentrum Obertilliach
Obertilliach ist mittlerweile weltberühmt für sein Langlaufangebot mit einer rund 60 Kilometer langen, top gepflegten Grenzlandloipe sowie für sein Biathlonzentrum. Bei (Spitzen-)Athleten gilt der Ort und das hiermit verbundene Lesachtal und Gailtal als Mekka für nordische Sportarten. Stars wie der „König des Biathlons“, Ole Einar Björndalen, haben nach Obertilliach sogar ihren Wohnsitz verlegt, um ganzjährig optimale Trainingsbedingungen vorzufinden. Die Athleten kommen winters wie sommers zum Trainieren nach Obertilliach und nehmen teilweise vor Ort an international renommierten Wettkämpfen teil. „Wir haben 1989 einen Biathlon IBU-Weltcup von Hochfilzen übernommen, da es dort damals keinen Schnee gab und wir mehr als genug hatten“, berichtet Mathias Scherer weiter. „Doch bereits Jahre zuvor und bis heute kommen internationale Biathlon-Nationalteams und ihre Trainer nach Obertilliach, da sie bei uns eine ideale Höhenlage und Schneesicherheit vorfinden.“
„Wir fingen jedoch relativ klein und privat an“, erinnert sich Mathias Scherer, der auch der Geschäftsführer des Biathlonzentrums ist. „Damals haben sich einige Privatpersonen zusammengetan, die einen Schießstand kauften. Natürlich war noch keine Infrastruktur vorhanden gewesen, und das einzige Stromaggregat für größere Veranstaltungen kam von der Feuerwehr. Es gab keine Umkleiden oder sanitären Einrichtungen. Es war Natur pur. So haben wir bis in die 1990er Jahre gearbeitet – nur mit dem Versprechen der Schneesicherheit.“
Um jedoch auch zukünftig interessant für internationale Biathlon-Wettkämpfe zu bleiben, entschieden die drei Gemeinden Obertilliach, Untertilliach und Kartitsch ein gemeinsames Stadion zu bauen. Anschließend ließen sie die Anlage in weiteren Bauetappen um eine rund 4,2 km lange und 3,6 Meter breite asphaltierte Ski-Rollerbahn sowie um ein Hauptgebäude erweitern. Diese Baumaßnahmen ermöglichten fortan einen Ganzjahresbetrieb. „Allein die Nächtigungen, die sich hierauf zurückschließen lassen, betragen zwischen 18.000 und 24.000 Übernachtungen im Jahr“, freut sich Scherer. Die Finanzierung dieser Anlage wird nicht nur durch die normale Kurtaxe vor Ort, sondern auch durch eine zusätzliche Abgabe von einem Euro pro Nacht für Langlauf- und Biathlonsportler vorgenommen. Jeder Sportler zahlt zudem eine Gebühr von 7,50 Euro pro Tag für die Nutzung des Schießstandes und der Ski-Rollerbahn beziehungsweise Loipe.
Spektakuläre Dreharbeiten zu James Bonds „Spectre“
Die Bewohner von Obertilliach zeigen sich normalerweise authentisch unaufgeregt, wenn etwas Neues in Ihrem Dorf passiert. Schließlich sind sie Großereignisse mit vielen internationalen Stars bei regelmäßig stattfindenden Biathlon-Wettkämpfen gewohnt. Auch Schüsse können die Obertilliacher daher nicht wirklich schrecken. Ende 2014 war es jedoch anders und es ging geradezu spektakulär im Grenzland zwischen Österreich und Italien zu. Denn rund 350 Filmleute fielen für knapp drei Wochen in diese Gegend ein. Sie trafen Vorbereitungen zu den Filmaufnahmen des 24. James Bond Films „Spectre“. Begleitet wurden sie von Security Services, fünf Hubschraubern, über ein Dutzend Feuerwehr- und Wasserrettungsbooten, mehr als 20 Luxury Travel Trailer und unzählige Trucks und Sattelschleppern. Während der Dreharbeiten kamen noch Kamerateams und Reporter aus aller Welt hinzu, die den Bewohnern immer wieder die gleichen Fragen zu Hauptdarsteller Daniel Craig und den Filmarbeiten stellten. Craig selbst blieb streng abgeschirmt nur drei Tage für Nahaufnahmen vor Ort und wohnte in einem luxuriösen Hotel in Kärnten, während die restliche Filmcrew in einem provisorischen Container- und Zeltdorf unweit von Obertilliach unterkam.
Das authentische, urwüchsige Flair von Obertilliach überzeugte die Londoner Filmproduzenten, die als Drehorte die Schneise einer demontierten Tinetz-Freileitung im Gostenwald, die Dorfpisten oberhalb des Dorfes sowie ein eigens errichtetes Bond-Haus am Nordrand von Obertilliach wählten. Sie alle waren Kulissen für Actionszenen mit zahlreichen Stuntmen, Schüssen und Explosionen und den typischen Bond-Verfolgungsjagden in der Luft und auf Skiern. Ihren Höhepunkt fanden die Filmszenen in Obertilliach als Daniel Craig, alias James Bond, mit einem Kleinflugzeug durch ein Holzhaus am Hang krachte.
Außergewöhnliche Szenen spielten sich zu dieser Zeit in und außerhalb dieses außergewöhnlichen Dorfes ab. Obertilliach nimmt eine Schlüsselposition im 24. Bond Film ein und ist fortan nicht nur für internationalen Biathlonsport, sondern auch als Filmdestination weltweit bekannt.