Marc Foshs Gerichte sind voller Geschmacksüberraschungen. Die Zutaten sind von höchster Qualität und die begleitenden Weine fügen sich harmonisch in ein grandioses Menü, das man so schnell nicht vergisst.
Interview mit Sternekoch Marc Fosh, Palma de Mallorca | Spanien
Herr Fosh, wie kamen Sie nach Mallorca?
Nachdem ich lange Zeit in London gelebt hatte, wollte ich eine kleine Pause von der großen Stadt einlegen und fand einen Küchenjob in einem Dorf in Frankreich. Aber bereits nach zwei Wochen war ich zu Tode gelangweilt und erkannte, dass ich einen großen Fehler gemacht hatte. Ich fragte meine Kollegen, was sie in ihrer Freizeit so machen. Sie erzählten mir, dass sie nach Feierabend über die Grenze nach Spanien fahren, wo die Bars die ganze Nacht geöffnet sind. Die nächstgrößere Stadt in Spanien war San Sebastian. Also fuhr ich ebenfalls da hin, mochte es sehr gerne und fand schließlich dort eine neue Arbeit.
Ich hatte großes Glück bei einem Chefkoch unterzukommen, der gerade seinen ersten Stern erkocht hatte. Sein Name: Martin Beresetagui. Damals war er noch ein junger Koch gewesen, der gerade seine Reise durch die Welt der Kulinarik begonnen hatte. Heute zeichnen ihn drei Michelin Sterne aus.
Die französische Küche hatte mich dennoch stark geprägt und so lernte ich eine komplett neue Philosophie des Kochens kennen. Plötzlich gab es keine Sahne und keine Butter mehr – das war ein ganz anderer Zugang für mich gewesen. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass sich in Spanien gerade etwas völlig Neues entwickelte.
Ich fasste den Plan sechs Monate in Spanien zu bleiben, um dann nach London zurückzukehren. Das war vor 25 Jahren gewesen. Jetzt bin ich immer noch hier. Ich hatte jedoch großes Glück, dass ich nach vier Jahren in San Sebastian ein Angebot erhielt, auf Mallorca die Küche eines neuen Hotels in Santa Maria zu leiten. Mallorca ist für mich ein schöner Kontrast zu San Sebastian und ich bin nach wie vor begeistert von den Produkten, die hier auf dem Markt angeboten werden, sowie von der Schönheit der Insel – Mallorca ist und bleibt ein wunderschöner Ort zum Leben!
Und wie kamen Sie zum Kochen?
Das hat sich bei mir eher zufällig ergeben. Eigentlich wollte ich immer Gitarrist in einer Rockband oder Profifußballer werden. Leider war ich für beides nicht gut genug gewesen. Und so kam es, dass ich während meines Studiums an den Wochenenden als Tellerwäscher in einem Restaurant jobbte. Ich half den Jungs in der Küche dann aber immer mehr und genoss das Teamwork. Es war ähnlich wie in einer Band oder einer Fußballmannschaft. Ebenso gefiel mir der kreative Aspekt des Kochens. Ich war sehr glücklich etwas gefunden zu haben, wo ich mich zuhause fühlte und meine Leidenschaft fürs Kochen entwickeln konnte.
Wie würden Sie Ihren Kochstil beschreiben?
Mein Kochstil hat sich in den letzten 20 Jahren entwickelt. Wenn man auf einer kleinen Mittelmeerinsel lebt, sollte die Küche natürlich auch die Produkte dieser Insel widerspiegeln. Wir halten alles sehr leicht und direkt. Mallorca muss sich wirklich nicht verstecken, denn wir haben hier wunderbares Obst und Gemüse, großartigen Fisch und Meeresfrüchte, ausgezeichneten Wein und eines der besten Olivenöle der Welt. Wir waren nur noch nicht in der Lage, diese Geschichte gut zu verkaufen, aber es wird langsam besser. Und glücklicherweise sind fast alle mallorquinischen Produkte rein biologisch.
Jetzt zu meinem persönlichen Stil: Die meisten Chefköche starten mit der Hauptzutat, zum Beispiel mit einem Stück Fisch oder Fleisch und arbeiten anschließend Drumherum. Ich fand aber schon immer, dass das einem kreativen Prozess eher entgegenwirkt. Ich starte daher lieber mit etwas Interessantem wie mit Kräutern oder Aloe Vera und suche dann nach ungewöhnlichen Geschmackskombinationen. Wenn ich also beispielsweise mit Kardamom, Schokolade und Mango zu arbeiten beginne, könnte etwa eine Schokoladensuppe mit Kardamom-Mangosorbet hieraus entstehen.
Was ist ihr persönliches Lieblingsgericht?
In dieser Branche ist es schwierig ein langlebiges Gericht zu kreieren. Doch manchmal gelingen Gerichte, die man über Jahre immer wieder auf die Karte bringen kann. Wir haben ungefähr 15 bis 20 Gerichte im Repertoire, die sehr typisch für uns sind. Eines dieser Gerichte, das meine individuelle Handschrift trägt, ist beispielsweise Aloe Vera mit einer Erbsen-Zitronengrassuppe und pochiertem Kabeljaufilet. Für uns Köche ist es immer entscheidend, die Geschmacksnerven auf verschiedenen Ebenen anzusprechen. Wenn Sie zum Beispiel etwas Süßes essen, dann mag der erste Bissen wunderbar sein, aber beim zweiten wird die Zunge schon etwas müde, da muss dann etwas Neues kommen. Diese Geschmacksüberraschungen sind ein wichtiger Punkt beim kreativen Kochen.
Wie sind Ihre Zukunftspläne? Wird es bald noch mehr Marc Fosh Restaurants geben?
Im letzten Jahr gab es viele Veränderungen. Wir haben neue Partner gewonnen, ein Restaurant geschlossen und zwei neue eröffnet. Es war also insgesamt ein aufregendes Jahr für mich und meine Frau gewesen, die jeden Tag mit mir zusammen arbeitet, aber natürlich auch für das gesamte Team.
Nächstes Jahr wollen wir unser erstes Restaurant außerhalb von Palma eröffnen. Es wird mehr ein Restaurant im ländlichen Stil werden. Wir entwickeln hierfür gerade ein Konzept für einen Garten, in dem viele unserer Produkte wachsen sollen. Und auch viele wilde Kräuter, die im Moment etwas in Vergessenheit geraten sind.
Dieser kreative Prozess des Planens macht mir sehr viel Spaß. Wir freuen uns entsprechend auf dieses Restaurant, wo die Küchenchefs die Produkte wachsen sehen. Es wird definitiv auch Hühner geben und vielleicht sogar das wunderbare iberische Schwein. Meine Frau und ich haben früher bereits Schweine gezüchtet.
Ich liebe die Großstadt, aber als Koch ist es manchmal enorm wichtig zu sehen, wo die Zutaten herkommen, zu verstehen wie sie wachsen, was die Unterschiede sind zwischen schwarzen, weißen, pinkfarbenen und grünen Pfefferkörnern und warum sie unterschiedlich sind. Die meisten Leute denken über solche Dinge nicht nach. Doch wir beschäftigen uns sehr damit und versuchen immer die perfekten Zutaten in neuen Kombinationen zusammenzubringen, um neue Geschmackserlebnisse zu kreieren.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Fosh.
Sehr gern geschehen.