Architektur, Geschichte, Kultur – Die Vielseitigkeit von Sankt Petersburg kennt keine Grenzen und erfordert einen mehrtägigen Besuch sowie gutes Schuhwerk. Stilecht und im Zentrum gelegen, lässt es sich beispielsweise im Belmond Grand Hotel Europe (früher Orient-Express-Hotel, 1875 eröffnet) übernachten. Modern dagegen im Hotel Dom Boutique oder im Hotel Domina Prestige. Einen besonders schönen Blick über die Stadt bietet unter anderem das internationale Restaurant Terrassa.
Sankt Petersburg – Das Venedig des Nordens
Sankt Petersburg – Petrograd – Leningrad – Sankt Petersburg
Der Name der nördlichsten Millionenmetropole der Welt wechselte häufig in ihrer vergleichsweise jungen Geschichte. Der wechselvolle Werdegang dieser Stadt nimmt ihren Anfang mit der Gründung einer zentral gelegenen Wehranlage namens Peter-Paul-Festung am 27. Mai 1703 durch Zar Peter den Großen an der Mündung des Flusses Newa. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges erfolgte eine sogenannte Russifizierung der Metropole, die ihr den Namen Petrograd (Petersstadt) einbringt. Als „Wiege der Oktoberrevolution“ wurde sie im Jahr 1924 in Leningrad umbenannt und erhielt später den Ehrentitel „Heldenstadt“. Für eine erneute Namensänderung in Sankt Petersburg wird letztlich bei einem knappen Volksentscheid am 12. Juni 1991 votiert.
Heute zählt Sankt Petersburg zu den bedeutsamsten Wirtschaftsstandorten Russlands. Zugleich gilt sie als Kulturmetropole und als Hauptstadt der Intelligenz der Russischen Föderation. Denn sie ist die Stadt von Puschkin und Dostojewskij, von Tschaikowskij und Schostakowitsch, von Pasternak und Brodsky. Sie bildet eine perfekte Synthese aus russischer Lebensweise und westlich europäischen Einflüssen. Ihre Wandlungen in der Geschichte, spiegelt sich entsprechend in ihrer Architektur wider: Ein Mix aus Barock, Klassizismus, Historismus, Jugendstil, Sowjetarchitektur und Gegenwart.
Sehenswürdigkeiten wie der Winterpalast, der Peterhof, die Isaakskathedrale und Auferstehungskirche, repräsentative Bank- und Warenhäuser bis hin zu monumentalen Wohnblocks aus stalinistischer Zeit sind steingewordene Zeugen ihrer bewegenden, teils tragischen Vergangenheit.
Die Renaissance der Newa-Metropole
Anlässlich des 300. Stadtjubiläums sorgte Präsident Wladimir W. Putin – der heute bekannteste Sohn der Stadt – dafür, dass Geld in die Newa-Metropole floss. So konnten unter anderem viele historische, meist farbenfrohe Gebäude in der Innenstadt saniert werden. Auch holte Putin Prominenz aus Politik, Wirtschaft und Kunst in seine Heimatstadt. Wirtschaftsbeziehungen zum Westen wurden enger und die Infrastruktur verbessert. Sankt Petersburg erlebt bis heute eine Renaissance, die die Stadt langsam aus dem Schatten Moskaus heraustreten lässt.
Neubauten im Wohnungsbau, aber auch bei Hotels, Einkaufs- und Handelszentren sind seitdem ebenfalls stark vorangetrieben worden. Im Mai 2013 wird der architektonisch von außen eher unscheinbare Bau des Mariinski-Theater II vollendet. Eine bedeutende Kulturstätte für Opern, Konzerte und Ballettaufführungen mit beeindruckender Akustik und technischen Finessen. Das historische, goldglänzende Stammhaus liegt gleich nebenan und gilt bis heute als Talentschmiede für Profitänzer und -tänzerinnen aus ganz Russland. An diesem Ort wurden unter anderem Tschaikowskijs Ballettklassiker „Schwanensee“ oder „Dornröschen“ uraufgeführt.
Der derzeit wohl spektakulärste Bau ist das sogenannte Lakhta Center mit seinem 462 Meter hohen Lakhta-Turm am nordwestlichen Stadtrand. Das offiziell 2018 vollendete Glasgebäude, dessen Form an eine Gasflamme erinnert, gilt als das höchste in Europa und Russland. Hier wird unter anderem die Zentrale des Energiekonzerns Gazprom einziehen, inklusive eines unverbaubaren Blickes über den Finnischen Meerbusen. Besucher können eine Aussichtsplattform im 86. Stockwerk rund um die Uhr nutzen, um sich selbst ein Bild von Stadt und Land zu machen.
Kunst und Kultur
Das sumpfige Gelände auf dem die Stadt steht, lässt Pfähle für Häuser und Brücken für eine moderne und weiter expandierende Infrastruktur unausweichlich werden. So zählt die Stadtverwaltung von Sankt Petersburg aktuell rund 433 Brücken. Acht davon führen über die Große Newa und fünf über die Kleine Newa. Damit liegt die Gesamtzahl der Brücken von Sankt Petersburg nur knapp unter der von Venedig.
Ein paar dieser Flussüberquerungen führen zum Katharinenpalast, rund 26 Kilometer südlich vom Zentrum entfernt, in den Vorort Zarskoje Selo (Puschkin). Die Ehefrau Peters des Großen, Katharina I., war seine Namensgeberin. Ihr gefiel die Palastanlage jedoch erst nach etlichen Umbauten beziehungsweise im dritten Anlauf. Für die später folgende Zarin Katharina II., genannt die Große, war es ihr Lieblingspalast, den sie ebenfalls nach Gusto umbauen ließ. Sie setzte jedoch ihre Akzente insbesondere auf die Innenausstattung. Der im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigte Prachtbau wurde originalgetreu mit einer blau-weißen, barocken Außenfassade sowie mit goldverzierten Kuppeln der Palastkirche rekonstruiert. Die gesamte Palastanlage und ihre ebenfalls liebevoll rekonstruierten Räume wecken jedes Jahr das Interesse tausender Besucher. Eines ihrer meist beachtetsten Kunstschätze ist die berühmte Replik des Bernsteinzimmers, das zum Abschluss des 300. Stadtgeburtstages feierlich eingeweiht wurde.
Die Zarenresidenz Peterhof liegt 30 Kilometer westlich von Sankt Petersburg am südlichen Ufer des Finnischen Meerbusens. Sie zählt zu den berühmtesten und schönsten Vororten der Millionenmetropole. Die zwischen 1714 und 1723 errichtete Schlossanlage wurde von Peter dem Großen als Landsitz auserkoren und nach seinen Vorstellungen geplant. So wurde insbesondere das natürliche Gefälle des Geländes für eine Kaskade mit Fontänenlandschaft genutzt, die den Palast optisch mit der Ostsee verbindet. Das gesamte Grundstück ist heute eine Prachtentfaltung par excellence. Eine Synthese aus Wasser und Gold, inspiriert von Prunkbauten der französischen Könige in Versailles und Marly-le-Roi.
Zentrumsnah und direkt an der Newa liegt die staatliche Eremitage, Russlands größte und wichtigste kulturelle Schatzkammer. Untergebracht ist sie im ehemaligen Winterpalast der Zaren, eines außen barocken und innen klassizistischen 1000-Zimmer Palastes. Hierhin zogen sich die Herrscherfamilien zurück, um sich mit Kunst zu umgeben. Der riesige Gebäudekomplex inklusive mehrerer Anbauten ist heute eine der größten und bedeutendsten Kunstmuseen der Welt und zentraler Bestandteil der zum UNSECO-Weltkulturerbe zählenden Innenstadt von Sankt Petersburg. Die Eremitage beherbergt in ihrem Archiv etwa drei Millionen Ausstellungsstücke, wovon rund 65.000 Exponate in 374 Ausstellungsräumen zu sehen sind. Es heißt, ein Besucher würde rund 10 Jahre ohne Essen und Trinken sowie ohne Schlaf auskommen müssen, um alle Exponate kurz zu sehen. Jährlich versuchen über vier Millionen Besucher zumindest kurzzeitig einen Blick auf die Kunstschätze aus aller Welt (nicht jedoch aus Russland) zu erhaschen.
Etwas ruhiger geht es hingegen im Fabergé Museum des Schuwalow Palais zu. Der noble und sanierte Adelspalais bietet die perfekte Kulisse für die weltweit größte Sammlung der weltberühmten Fabergé-Eier, die der Inbegriff allerhöchster Juwelierskunst sind. Zugleich sind sie der historische Prototyp des Überraschungs-Eis. Der Petersburger Hofjuwelier Carl Fabergé (1848 – 1920) verblüffte die Zarenfamilie mit ihrer äußeren Gestaltung als auch mit der im Innern versteckten Pretiose und ihrer filigranen Ausarbeitung. Der Milliardär Viktor Wekselberg ermöglichte vor ein paar Jahren ihre öffentliche Ausstellung, die Teil der rund 4.000 Exponate aus der Sammlung der kulturhistorischen Stiftung „Swjas wremjon“ sind.
Religionen und ihre Kirchen
Nicht weniger prunkvoll sind die zahlreichen russisch-orthodoxen Kirchen und Kathedralen der Stadt. Zu ihren Touristenmagneten zählen unter anderem die farbenprächtige Auferstehungskirche, die auch Erlöser- oder Blutkirche genannt wird. Denn sie wurde auf dem Platz am Gribojedow-Kanal erbaut, auf dem am 1. März 1881 Zar Alexander II. durch ein Attentat tödlich verletzt wurde. Sein Sohn gab den Bau in Auftrag. Der Baustil dieser Kirche ähnelt der Basilius-Kathedrale in Moskau. Sie wurde vom russischen Geist des 16. sowie 17. Jahrhunderts inspiriert und steht damit in Kontrast zu dem barock-klassizistisch dominierten Stadtbild von Sankt Petersburg. Ihr äußerer Farbenrausch findet seine Fortsetzung im Innern, wo über 7.000 Quadratmeter Wand- und Kuppelfläche mit Mosaikbildern ausgekleidet sind.
Die Isaakskathedrale ist die mächtigste und prächtigste Kirche von Sankt Petersburg. Sie überragt die Altstadt wie ein Berg und ist eine der größten Kuppelbauten der Welt, für dessen Fundament insgesamt rund 24.000 Pfähle aus Kiefernholz in den sumpfigen Untergrund gerammt wurden. Ihr Bau dauerte knapp 40 Jahre und wurde 1858 fertiggestellt. Sie sollte nicht nur die russisch-orthodoxe Kirche, sondern auch den Reichtum und die Herrlichkeit des Zarenreiches widerspiegeln. Entsprechend beeindruckend ist das Innere der Kathedrale, wo bis zu 12.000 Menschen Platz finden. Die Wände des Monumentalbaus sind mit unterschiedlichen Marmorarten, Edelsteinen, 300 Skulpturen und über 200 Mosaiken sowie Gemälden üppig ausgeschmückt. Die 101,50 Meter hohe Isaakskathedrale ist zudem ein ideales Ausflugsziel, um einen Überblick über die sich auf 30 Quadratkilometer erstreckende historische Innenstadt zu gewinnen. Die sogenannte Kolonnade unterhalb der goldenen Kuppel bietet eine 360-Grad-Aussichtsplattform. Mit 43 Metern Höhe liegt dieser von mächtigen Säulen flankierte Rundgang deutlich über den weiten Dachlandschaften des Zentrums von Sankt Petersburg.
Das zweitgrößte Gotteshaus der Stadt ist die Kasaner Kathedrale. Mit ihrer wuchtigen halbrunden Kolonnade aus 96 korinthischen Säulen, schmückt sie die Haupt-Flaniermeile von Sankt Petersburg, den Newskij Prospekt, eine der berühmtesten Straßen Russlands. In dem imposanten Gotteshaus aus dem Jahr 1811 herrscht jeden Tag intensives religiöses Leben. Lange Warteschlangen von Gläubigen bilden sich vor einer Kopie der als wundertätig verehrten Marien-Ikone, der Gottesmutter von Kasan. Sie mischen sich mit vielen Touristen, die den Sakralbau parallel besichtigen. Ihr Stil ist an den des Petersdoms in Rom angelehnt. In ihrem Innern fühlen sich die Besucher eher an eine Palastanlage als an eine Kirche erinnert.
Die russisch-orthodoxe Glaubensgemeinschaft ist zahlenmäßig die größte in Russland und Sankt Petersburg. Doch auch katholische, jüdische, muslimische und buddhistische Glaubensgemeinschaften finden sich hier, deren Gotteshäuser und Kapellen ebenfalls sehenswert sind. Sie zu finden ist jedoch nicht immer ganz einfach, liegen sie teilweise etwas versteckt zwischen Häuserzeilen oder in Hinterhöfen, wie etwa die Armenische Kirche aus dem Jahr 1780.
Erleben, Shoppen und Genießen
Sankt Petersburg ist von viel Wasser umgeben. Auf der 74 Kilometer langen Newa herrscht reger Schiffsverkehr. Der Fluss ist die Verbindung des russischen Binnenwasserstraßensystems mit der Ostsee. Größere Frachtschiffe können sie jedoch nur nachts passieren, wenn die Hauptbrücken majestätisch und nahezu lautlos hochgezogen werden. Ein besonderes Spektakel, insbesondere für Besucher der sogenannten Weißen Nächte von Sankt Petersburg. Denn diese besondere Jahreszeit geht von Ende Mai bis Mitte Juli und ist mittlerweile zum Markenzeichen der Stadt avanciert. Es ist die Zeit der Mitternachtssonne, bei der es nicht oder nur kurzzeitig dunkel wird und Nachtschwärmer voll auf ihre Kosten kommen. Die Menschen treffen sich bei gutem Wetter auf den Straßen von Sankt Petersburg, an einem der Kanalufer oder bei Bootsfahrten auf der Newa. Es herrscht überall in der Stadt reges Treiben inklusive Musik, Party oder Sport – alles mitten in der Nacht. Die weißen Nächte haben auch die russische Literatur geprägt. Dostojewski beschrieb sie in „Schuld und Sühne“, sie beflügelten Puschkin, Gogol und Tolstoi.
Wer dagegen Anfang Mai nach Sankt Petersburg kommt, sollte sich Zeit für die stolze russische Eisbrecher-Flotte nehmen. Sie wird seit ein paar Jahren mit einem eigenen Festival auf der Newa geehrt. Das Festival symbolisiert die Schließung der Winter- und Öffnung der Sommer-Schifffahrtssaison. Das Eisbrecher-Festival gleicht einem großen Volksfest: Musikkapellen spielen auf, zahlreiche Verkaufsstände bieten Essen und Getränke an und aktuelle wie historische Eisbrecher können unter fachkundiger Anleitung besichtigt werden.
Weitere Highlights wie „Oper für alle“, „Festival des Lichts“ oder auch das „Blumen Festival“ finden zu unterschiedlichen Jahreszeiten statt und bieten daher regelmäßig weitere besondere Erlebnisse für Jung und Alt sowie für Touristen und Einheimische.
Sankt Petersburg ist jedoch auch ganzjährig eine Hochburg für Shopping-Begeisterte. In den vergangenen Jahren haben sich immer mehr Luxus-Geschäfte, Modeketten und angesagte Labels in der Stadt angesiedelt. Die Auswahl ist groß, die Waren sind allerdings meist teurer als in Westeuropa. Die beliebteste Flanier- und Shoppingmeile sowie älteste Straße von Sankt Petersburg ist der 4,5 Kilometer lange Newskij Prospekt, der die Admiralität mit dem Alexander-Newskij-Kloster verbindet. Neben prächtigen Kirchen, Palästen und ehemaligen Handelshäusern, kann hier besonders gut die Petersburger Einkaufs- und Genusswelt erkundet werden: Das Gostinyj Dwor ist ihr historischer Mittelpunkt. Gegenüber reihen sich im Grand Palace verschiedene Nobelboutiquen aneinander. Weitaus stimmungsvoller ist jedoch die „Passasch“ (Passage), eine Ende des 19. Jahrhunderts gebaute, überglaste Ladengalerie im Stil der Moskauer GUM.
Connaisseurs werden mit Sicherheit im prachtvollen historischen Konsumtempel und Delikatessengeschäft der Gebrüder Jelissejew fündig. Ein Inbegriff von Luxus mit üppiger Jugendstil-Einrichtung. Ebenfalls im Jugendstil errichtet und ausgestattet, ist das Singer-Haus mit seiner besonderen Fassadenpracht. Eine Weltkugel krönt die Glaskuppel des markanten Gebäudes und zieht die Blicke von Schaulustigen auf sich. Bauherr war der US-amerikanische Nähmaschinenkonzern Singer im Jahr 1902. In der ersten Etage können Besucher im gleichnamigen Café einen wunderbaren Blick auf den Newskij Prospekt genießen.
Fazit: Ein boomendes russisches Fenster nach Europa
8,2 Millionen Gäste kamen zuletzt 2018 aus dem Ausland nach Sankt Petersburg – mit dem Flugzeug oder per Kreuzfahrtschiff. 293.000 von ihnen aus Deutschland. Durchschnittlich blieben die Touristen 3 bis 5 Tage in der Newa-Metropole. Ihr reiches kulturelles Erbe und ihre vielseitige Geschichte machen das ausgedehnte Stadtgebiet von Sankt Petersburg und seiner Vororte zu einem besonderen Erlebnis, für das jedoch Zeit zur Erkunding benötigt wird. Die Kombination aus russischer Lebensart und westlich geprägtem Lifestyle ist überall erlebbar. Architektur-, Kunst- und Kulturinteressierte haben an dieser Stadt ihre Freude. Gleichzeitig entstehen hier regelmäßig neue und spannende Gastronomiekonzepte, als lukullische Gegensätze zur ansonsten eher deftigen, wenngleich sehr wohlschmeckenden traditionellen russischen Küche. Zusammenfassend lässt sich festhalten: Sankt Petersburg als das russische Fenster nach Europa boomt, blüht weiter auf und wird von Tag zu Tag interessanter.
Offizielle Informationen zu Sankt Petersburg erhalten Sie hier.